bbirke - 20. Apr, 23:53

@Gotti:

Es gibt vielleicht einige Menschen, die in der Tat Talent zur Disziplin haben, diese aber nie gelernt haben. Das wären dann vielleicht solche, die in langjährigen Hartz/Sozialhilfe/Fürsorge-Familien aufgewachsen sind und sich "nur" dran gewöhnen müssten. Das dürfte aber eine kleine Minderheit sein, weil ja spätestens mit der Schule ein Mindestmaß an Disziplin vermittelt wird. Irgendwann werden sie merken, dass sie ohne Disziplin schwere Nachteile haben, auch ganz ohne irgendwelche Schikanen oder Arbeitszwänge.

Dass Nichtstun nichts tut und ein bescheidener Lebensstil auch ohne Arbeit und Pflichterfüllung möglich sein sollte, ist eigentlich selbstverständlich. Ich wehre mich gegen die Gängelungssucht, dass jeder unbedingt irgendwelche unangenehmen Pflichten erfüllen muss, und sei es, dass man ihm nur künstlich irgendwelche völlig nutzlosen Pflichten auferlegt, um ihm das bequeme Leben zu versauern (Schikane). Es geht nicht darum, so ein Lebensmodell attraktiv oder unattraktiv zu machen, sondern darum, dass man ein Recht darauf hat, wenn man denn will. Es gilt, die Ursklaverei abzuschaffen, den Zwang, nur für sein bloßes Dasein unangenehme Pflichten erfüllen zu müssen. Dann könnte man ja auch Gehbehinderte ächten (sonst würde ja noch das Rumsitzen und Rollstuhlfahren attraktiv)!

Dass jemand sich unter existenzieller Bedrohung irgendwie zu seinen Pflichten quält, sei es infolge Staatspleite oder Willkür, hat mit "Heilung" nichts zu tun, sondern ist nur eine extreme Quälerei, um das Allerschlimmste zu verhindern - und logischer Weise werden die Leute dann kein bischen mehr tun, als sie unbedingt müssen. Und Leute ohne Disziplin gab es auch schon in Vor-Sozialleistungszeiten oder gibt es in der "3.Welt"; die müssen halt betteln, aus Mülltonnen fressen oder kriminell werden.

Mein Ideal sind letztlich keine Transfersysteme, sondern ein automatisches Versorgungssystem, wo alle Bedarfsgüter aus vollautomatischen Fabriken kommen oder auf Bäumen wachsen.

Und: Wenn ich früh morgens zur Arbeit komme, dann gibt es in der Regel vernünftige Gründe dafür. Wenn aber die offiziellen Sprechzeiten bei Argen nur frühmorgens sind (Termine sind nochmal eine andere Sache), dann ist da kein Sinn hinter, außer, dass man den Leuten das Ausschlafen verderben will - also Schikane. Dass ich, weil ich arbeite, früh raus muss, ist das noch lange kein vernünftiger Grund, dass ich andere, die keinen vernünftigen Grund dafür haben, nur deswegen sinnlos rumscheuche, damit sie diesen Vorteil nicht haben können!

Bei der Sache mit den Kindern gebe ich Recht, das ist in der Tat ein Problem, weil man da ja massig unangenehme Pflichten hat, die wirklich notwendig sind. Bei Kindern helfen auch keine Sanktionen, jedenfalls, so lange keine extreme Verwahrlosung herrscht, und die betreffenden Eltern sind leicht heillos überfordert. Und weil man die Leute schlecht daran hindern kann, es zu treiben, bin ich für kostenlose Verhütungsmittel für Sozialleistungsempfänger, am besten Langzeit-Hormonimplantate (die Pille wird zu leicht mal vergessen, besonders bei Menschen ohne Disziplinbegabung). Das wäre übrigens rein aus Kostensicht extrem rentabel, müssen doch nicht noch Kinder mit Hartz IV bezahlt werden!

Gotti (Gast) - 22. Apr, 17:50

Hallo,

wenn alle Güter aus automatisierten Fabriken kommen (oder auf Bäumen wachsen), wäre gegen diesen Lebensstil nichts einzuwenden. Solange mir aber Anteile von meinem erwirtschafteten Einkommen abgenommen werden, bin ich da nicht mit einverstanden! Die Versorgung dieser Menschen wird augenblicklich aus Steuermitteln finanziert. Wenn ich sehe, dass die wirklich Wohlhabenden (natürliche und juristische Personen) kaum zum Steueraufkommen beitragen, sondern die stärkste Steuerbelastung auf den mittleren Einkommen liegt (wozu auch meins gehört), dann bitte ich doch sehr um eine Verwendung derselben für Zwecke, bei denen ich mir nicht ausgenutzt vorkomme!
Diese Transferleistungen sind zur Sicherung eines menschenwürdigen Lebensstandards gedacht, wenn ein Mitglied unserer Gesellschaft unverschuldet in Not gerät. Und wenn jemand krank ist (nur anerkannte Krankheiten), oder gerade seinen Job verloren hat oder zu alt ist, Flüchtling, was auch immer, so soll diesem Menschen eine Grundversorgung zustehen! Auch der faule (oder diziplinunfähige) Mensch soll die Versorgung erhalten (aber nicht weil er keinen Bock hat, sondern weil eine Überprüfung im Einzelfall viel zu aufwändig wäre und ich Sorge hätte, dass auch einem Menschen der eben nicht faul im klassischen Sinne, sondern wirklich krank ist oder Pech hatte dann im Zweifelsfall die Hilfe verweigert werden könnte).

Aber: Wenn es Leistungen gibt, erwachsen daraus auch immer Pflichten! Jeder Arbeitnehmer muss für die Mittel die er erhält, gewisse Pflichten erfüllen. Warum sollte dieses Prinzip für eine Gruppe ausgesetzt werden, nur weil es dieser schlicht zu unangenehm ist?
Denn Faulheit ist nicht das Privileg von Transferleistungsempfängern! Auch ich würde gerne weniger arbeiten, wenn ich es mir leisten könnte. Wer möchte sich anmaßen, die Faulheit irgendeines Menschen über z.B. meine Faulheit zu stellen? Sollte sich z. B. herausstellen, dass der überwiegende Teil der Langzeitarbeitslosen tatsächlich einfach nicht will (bzw. sich nicht aufraffen kann), dann wäre ich mit Sicherheit unter der Gruppe, die die ersatzlose Streichung sämtlicher Transferleistungen an diese Gruppe fordert. Das natürlich verbunden mit der Auflage, die eingesparten Mittel nicht mehr von den werktätigen Menschen einzutreiben.
Ich weiß nicht wie viel Geld ich dann extra verbuchen könnte, vielleicht würde es ja für 2-3 Stunden weniger Arbeit in der Woche reichen. Und die Disziplinunfähigen müssten sich dann wohl oder übel zu irgendwas aufraffen (und ich sage: sie würden es tun!).
Seitdem ich Geld verdiene hab ich mich nie über die Abgaben geärgert (im Gegensatz zu vielen Bekannten), weil ich immer gesagt habe, dass mit diesen Mitteln viele sinnvolle und notwendige Aufgaben erledigt werden (nicht nur die Sicherung eines anständigen Lebensstandards, sondern auch Sachen wie Schulbildung, Bafög usw.).

Lange Rede kurzer Sinn, ich bin kein Anhänger der Fraktion, die den "mündigen" und "eigenverantwortlichen" Bürger als einzig wahres Lebensmodell sieht (und damit meint das man alle, die nicht genug Kohle haben, gnadenlos verrecken lässt). Aber alles hat seine Grenzen. Und wenn gefordert wird, dass Leute von Ihren Pflichten (die zumindestens zum Teil sinnvoll sind, über offensichtlich unnötiges kann man immer reden) entbunden werden, nur weil sie diese als unangenehm (zu unangenehm trifft wohl nur auf einen sehr kleinen Teil zu, weil sich die meisten ja doch motivieren können) empfinden, dann ist diese Grenze definitiv erreicht!
Auch die Definition der Faulheit als Krankheit stößt bei mir auf Unverständnis. Es scheint Mode zu sein, immer mehr Verhaltensweisen, die zur normalen Bandbreite gehören, aber nicht in der Mitte der Glockenkurve liegen, als Krankheiten zu definieren (Siehe ADHS oder Burnout). Wenn das so weitergeht, leben 2100 nur noch 14 Menschen in Deutschland, die als "gesund" gelten und deshalb keine Extrawurst für sich beanspruchen können (aber Vorsicht: wenn alle "krank" sind, ist es keiner mehr)!

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